Liedgut der Naga Stämme in Nordindien

Weniger bekannt, aber dafür nicht weniger interessant, sind die Liedkulturen der Naga Stämme, die ihre ganz spezielle Tradition haben. Naga ist der Oberbegriff für mehr als 30 ethnische Gruppierungen mit tibeto-burmesischer Herkunft.

Sie leben im Nordosten Indiens und im Nordwesten Myanmars. Dass bergige Nagaland ist einst aus dem Naga Hills District von Assam hervorgegangen. Der Besiedelungsraum erstreckt sich noch auf weitere, indische Bundesstaaten und einem Teil von Myanmar.

Auch wenn die Sprache und das Erscheinungsbild in den Gruppen variieren, so sind die Glaubensvorstellungen und Traditionen weitestgehend gleich. In früheren Jahrhunderten waren die Stammesmitglieder der Naga gefürchtete Kopfgeldjäger, heute sind sie eine besondere Kultur und haben sich zu einer modernen Gesellschaft entwickelt. Ihre Wurzeln und die darin enthaltene, umfangreiche Musiktradition sind nach wie vor wichtiger Bestandteil des Lebens innerhalb der Gruppe.

Das Liedgut der Naga Kulturen ist immens groß. Das Volk der Chakgesang besitzt ein Liederbuch mit über 200 Liedern, eingeteilt nach verschiedenen Anlässen und Themen. Liebeslieder, Lieder für den Morgen, Kinderlieder oder Gesänge für Krieger lauten einige der Titel aus dem Liederbuch. Dazu kommen Formen des Schreiens und des Johlens, Spiele und Tänze. Die Ychimhunger-Gruppierung hält sich auch an starke Rituale. Gesungen werden darf nur in entsprechender Kleidung und immer bis zum Ende, sonst bringt das ihrem Volk Unglück. Generell ist es Tradition, sich für den Gesang „schön zu machen“, um den festlichen Charakter, der in erster Linie lobpreisenden Lieder, zu unterstreichen.

Ausdruck spielt hier die entscheidende Rolle. Denn die Musik, die oftmals auch über wenig inhaltlichen Text verfügt, wird durch Tanz und Gestik, Stimme und Gesichtsaudruck übermittelt. Für manche Themen gibt es auch keine Worte, die das Gefühl beschreiben könnten. Die Reflektion des Klanges aus der natürlichen Umgebung ist ein weiteres Merkmal der Naga Musik. Die Einheit mit der Natur, in Verbindung mit dem eigenen Denken und Fühlen, steht hier im Vordergrund. Auch der religiöse Glauben spielt eine große Rolle. Geschichten, die in Liedern vorgetragen werden, sind mit spirituellem Hintergrund verknüpft.

Zur Stärkung des Gruppengefühls und zur Unterstreichung des Gesangs dienen die „Ho-He-Ho“ Chöre, die als Ergänzung oder Echo fungieren. Auch Schreie fließen in die Musik ein.

Die Bedeutung der Landwirtschaft in diesen traditionellen Stämmen wird auch vielfach in den Liedern mit Begriffen, wie Mut, Kraft und Stärke assoziiert. Die Natur, die Landschaft, die Ehrfurcht und die Dankbarkeit zeigen sich in vielen Sangesmelodien. Aber auch Liebe, Krieger, Helden und Migration zählen zu den Themen in den Naga Liedern.